Götz und der Wein
Aus der Familien-Chronik:
Götz lebte auf der Burg zwei Mal in Reichsacht, d.h. er war unter Hausarrest gestellt und durfte über zehn Jahre seinen Besitz nicht verlassen. Folglich hatte er Zeit und Muse, sich um sein Anwesen zu kümmern.
Das Weingut hat er mindestens um ein Drittel vergrößert und die Terrassierung weiter ausgebaut. In guten Erntejahren muss der Ritter sich noch zusätzlich Kellerraum bei der Äbtissin von Billigheim mieten, um das köstlich Naß von der Kelter weg unterzubringen.
Götz ist zeitlebens einem guten Trunk nicht abgeneigt. Dass ihm wohl der gute Wein sein biblisches Alter von 82 Jahren beschert hat, mutmaßen die Erben Hornbergs. Ein schwäbisches Sprichwort bringt es auf den Punkt: „A guat’s Viertele isch de Alte ihr Bluat!“
Quelle: Burg Hornberg, Rüstzeugschau 1980, G.H. Bidermann (Journal Verlag Schwend GmbH, 1. Auflage 1980)
Götz lebte in einer Zeit, in der die Weinkultur im Neckarraum ihren Höhepunkt erreichte. Zu keinem anderen Zeitpunkt im Mittelalter setzte man sich so intensiv mit den edlen Sorten des Landes auseinander, allen voran die Muskatellertraube.
Es ist anzunehmen, dass auch unter dem Burgherren Götz von Berlichingen an den Hängen des Hornbergs der Weißweinanbau dominiert. Nicht zuletzt aus der Notwendigkeit heraus, weil in kühleren Anbaugebieten Weißweine besser gedeihen als die Roten.
Erst später, Anfang des 17. Jahrhunderts, soll sich daran etwas ändern. Der Rotwein-Trend aus Italien schwappt allmählich nach Württemberg über und auch die Burgunder kommen in Mode. Historische Quellen belegen, dass der Clevner zu den ersten roten hochwertigen Burgundersorten zählt. Er wird sogar, wie die weißen Edelgewächse Muskateller und Traminer, reinsortig ausgebaut. Allerdings ist die rote Farbe des Weins ein so gravierendes Qualitätsmerkmal, dass man beim blassen Neckarwein mit rotem Saft, üblicherweise mit Holundersaft, nachhilft.
Als Götz von Berlichingen 1517 Burg Hornberg erwirbt, spielen in seiner Weinbaupraxis auch die weißen Sorten Heunisch und Elbling eine große Rolle. Aus ihnen keltert Götz vermutlich seinen Neckarwein, der leicht und schlank schmeckt, ein säurebetonter Tropfen ohne nennenswertes Alterungspotential. Das Deutsche Weininstitut bringt den berühmten „Neckar-Schleckerwein“ des Götz von Berlichingen sogar mit dem Wiener Kaiserhof in Verbindung, mit dem der Ritter äußerst erfolgreich Handel betrieben haben soll.
Wein wurde damals jung und wie Wasser getrunken, weil Letzteres oft verunreinigt war. Der Alkoholgehalt lag bei höchstens zehn Volumenprozenten. Denn bei der Weinbereitung standen nur die im Weinberg vorhandenen Hefen zur Verfügung, was den Gärungsprozess verlangsamte bzw. die Weine oft nicht vollständig durch gären ließ. Götz von Berlichingen und sein Gefolge tranken den Wein deswegen schon im gleichen Jahr nach der Ernte, weil er schnell verdarb, bräunlich wurde und schlecht roch. Alter Wein war kaum mehr marktfähig und diente den Knechten als Kost oder Lohn. Bis in die Frühe Neuzeit unterschied man in vierdigem (letztjährigen) und heurigem Wein.